Von allen Geräten, in denen Mikroprozessoren eingebaut sind, hat das Mobiltelefon bisher (diese Seite wurde 2010 verfasst), die weitreichendsten Auswirkungen auf das Sozialverhalten. Für immer vorbei die Zeit, in der man nicht erreichbar war, perdu die Möglichkeit für Freunde, Verwandte und Kunden unsichtbar zu werden. Ja, es gibt sie noch, die Fossile, die kein Mobiltelefon besitzen, aber statistisch gesehen gibt es (zumindest in den entwickelten Ländern) mehr Mobiltelefone als Einwohner. Das Mobiltelefon hebt den Raum auf und steigert die Frequenz, in der Menschen miteinander kommunizieren. Privatheit geht verloren, wenn Menschen intime Dinge im öffentlichen Raum per Mobiltelefon miteinander diskutieren.
Vom Mobiltelefon zum Smart Phone
Mobiltelefone haben sich extrem weiterentwickelt. Sie tauchten erstmals Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrtausends, im Business Umfeld auf und entwickelten sich um die Jahrtausendwende zum Massenphänomen. Dahinterstehende Voraussetzung war, dass in dieser Zeit, von der Öffentlichkeit nicht wirklich wahrgenommen mit den Funknetzen eine Infrastruktur geschaffen wurde, die mit der von Autobahnen oder dem Eisenbahnnetz vergleichbar ist. Heute erwarten wir vom letzten Winkel der Erde, dass unser Telefon sich einbuchen kann, ebenso wie wir erwarten, dass wir auf einer asphaltierten Strasse zu diesem Fleck kommen.
Das Gerät selbst hat sich von einem klobigen Telefon, das dazu diente, mit anderen Menschen zu kommunizieren, wenn man nicht in der Nähe eines Festnetzanschlusses war, zu einem Lifestyle Objekt entwickelt, das als universelles Interface für alle möglichen Services genutzt wird. Dabei hat es eine Reihe von anderen Utensilien aufgefressen und wird dies weiter tun.
Der Untergang des Taschenkalenders
Das erste Opfer war der Reisewecker, dann kam der Taschenkalender, die Schnappschuss-Kamera und schliesslich die Video-Kamera. Sie alle sind mehr oder weniger in den Smartphones aufgegangen. Dabei hat es auch Devices erwischt, die im Zuge der WTR gerade erst entstanden waren, wie den PDA, der noch vor kurzem als zweites Geräte neben dem Telefon die Taschen ausbeulte. Es werden folgen die Navigationsgeräte und die MP3-Player.
Das universale Multifunktionalwerkzeug
Es entwickeln sich Bezahlsysteme, die das Telefon als Interface nutzen, Zugangssysteme, zum Beispiel für das Auto oder die Wohnung werden folgen. Es werden kommen oder existieren Nachweissysteme (Fahrkarten, Kinokarten usw,), Steuerungssysteme (das berühmte Anschalten des Herdes über Telefon vorm Nachhausekommen). Das sind Dinge, die uns jetzt einfallen, aber sicher ist, es werden sich Möglichkeiten entwickeln, von denen wir jetzt noch nichts ahnen.
Prinzipiell sind die Möglichkeiten des Mobiltelefons durch drei Dinge begrenzt. Das sind zum einen seine Ausmasse, zum anderen die die dahinter stehende Infrastruktur und schliesslich die Akzeptanz durch den User, beziehungsweise dessen Rezeptionsfähigkeit.
Zu allem, was man anschauen will, benötigt man gegenwärtig noch einen Bildschirm auf dem Telefon. Das schränkt die Nutzung zum Beispiel als Fernseher oder Videobetrachter dann doch ziemlich ein. Auch das Lesen von Büchern und Zeitungen ist keine reine Freude. Das wird sich in dem Masse ändern, in dem die entsprechenden Medien ihre Inhalte den existierenden Ausgavebgeräten anpassen. Darüberhinaus kann man erwarten, dass sich die Bildschirme irgendwann von den Telefonen lösen. Das wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Die Infrastruktur wird sich rasant weiterentwickeln, das lässt sich absehen. Hier sind eigentlich nur die Abschreibungszyklen der bestehenden Infrastruktur ein Hemmnis. Heute muss man noch Geld in einen Parkautomaten werfen oder eine Kreditkarte einstecken, wenn dieser Parkautomat ersetzt wird, wir er mit einem Mobiltelfon kommunizieren können.
Die Akzeptanz der Benutzer wird weniger vom konkreten Nutzen abhängen (welchen konkreten Nutzen hat Mode?), sondern mehr durch die Bedienungsfreundlichkeit und von dem sozialen Status, den man durch die Nutzung ausdrückt . Bedienungsfreundlichkeit wird erfordern, dass Mobiltelefone immer stärker gekapselt werden und eine Anpassung durch den User immer weniger erlaubt wird. Dieser Trend wird bereits heute durch das iPhone, iPad, iXxxx von Apple bestens verkörpert. Auch bezüglich des sozialen Status gibt Apple den Trend vor. Wer dazu gehören will, muss es haben, aber auch sich es leisten können und vor allem es verstehen. Damit kommen wir zu den sozialen Auwirkungen.
Soziale Auswirkungen
Neue Technologien verändern schleichend unser tägliches Leben und die langfristigen Auswirkungen sind erst Jahrzehnte später sichtbar. Es sind drei Dinge, die wir jetzt ahnen und später im Rückblick beschreiben werden.
Soziale Spaltung
Unter den jetzigen Produktionsverhältnissen wird die oben beschriebene Entwicklung zwangsläufig zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft führen. Abgesehen davon, dass es Bevölkerungteile geben wird, die sich diese Technologien nicht werden leisten können, werden sie nicht die Voraussetzungen erworben haben, um sie zu verstehen.
Veränderung von Kommunkationsformen
Die Kommunikation und damit das Verhältnis der Menschen zueinander verändert sich. Prägnantes Beispiel ist die verbreitete Nutzung von SMS-Nachrichten, die von den Umgangsformen der Menschen miteinander bis hin zur Sprache, in der sie kommmunizieren so ziemlich alles verändert hat.
Verlust von Privatheit
Privatheit als Konzept und Anspruch schein verloren zu gehen. Das drückt sich Fotos aus, die Menschen von Unfällen machen, und auf denen sich plötzlich deren Opfer im Internet wiederfinden, das spiegelt sich wieder in der Erwartung, dass man immer und überall zu erreichen ist und als erstes Auskunft über seinen Aufenthaltsort gibt.
Ökonomische Auswirkungen
Mit dem Mobilfunk ist ein völlig neuer Wirtschaftszweig entstanden, ein gigantischer Markt für Firmen, die das rechtzeitig erkannten. Nokia, die früher Gummistiefel herstellten, oder Vodafone, die als Mannesmann Röhren produzierten. Die Beträge, die für den Mobilfunk ausgegeben werden, werden von anderen Märkten umgeleitet. Darunter leiden andere Freizeitindustrien und der Spielzeugmarkt.
Aber nicht nur die Gewichte innerhalb der Freizeitindustrie verschieben sich, sondern der gesamte Produktivkraftsektor. An der Spitze der am besten bewerteten Börsenunternehmen stehen keine Automobil- oder Energiekonzerne mehr, sondern Apple, Google usw. Das verschiebt die Investitionsströme und damit die Produktion von Mehrwert von Bereichen, in denen die Nachfrage offentsichtlich nicht mehr unbegrenzt steigerbar ist, hin zu Märkten, die noch lange nicht gesättigt sind. Ein Beleg mehr für die Anpassungsfähigkeit des kapitalistischen Systems.