Heute ein interessanter Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Der argentinische Ökonom Roberto Lavagna beschreibt in einem Interview, wie er als Finanzminister auf die argentinische Krise von 2001 reagierte.
Hier zwei Kernaussagen:
SZ: Dennoch hat sich Argentinien danach erstaunlich schnell erholt. Wie geht Ihr Rezept gegen Staatspleiten?
Lavagna: Es geht erst mal damit los, was man nicht machen sollte. Meine Vorgänger hatten mit dem Internationalen Währungsfonds Kredite in Höhe von 20 bis 25 Milliarden Dollar vereinbart. Ich habe dem IWF im April 2002 gesagt, dass wir alle Kreditbestellungen zurückziehen und uns dafür die Freiheit nehmen, jenes Wirtschaftsprogramm zu machen, das wir für richtig halten.
SZ: Machen der IWF und die EU jetzt in Griechenland die gleichen Fehler wie früher in Argentinien?
Lavagna: Was Griechenland angeboten wird, das ist dem ähnlich, was uns 1999 angeboten worden war: Löhne und Renten senken, Steuern erhöhen. Das schützt die Interessen des Finanzsektors und hilft nicht, die Probleme des Landes zu lösen. Mit dem Geld werden die Gläubiger bezahlt, die Bevölkerung wird ausgepresst.
Ja, so kann man es auch sehen.
Und so macht man es:
SZ: Also Schuldenschnitt und weg von den Finanzmärkten?
Lavagna: Das, was mit dem Schuldenschnitt freigesetzt wurde, ging bei uns in öffentliche Bauten, in erhöhte statt gesenkte Löhne, Renten und Sozialprogramme. Da geht jeder Peso in den Konsum. Oder Sie geben das Geld den Gläubigern, das ist die Option des IWF.
SZ: Braucht Argentinien bald wieder wie früher Kredite?
Lavagna: Die Banken hätten das gerne. Argentinien hatte 35 Jahre davon gelebt, Schulden anzuhäufen, damit haben die Banken viel verdient – außer während dieser Entschuldung. Wir haben 2004 beschlossen, bis 2014 nicht mehr an die Kapitalmärkte zu gehen. Bitten Sie einen Alkoholiker nicht, eine Bar zu betreten.
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Samstag, den 22. Oktober 2011, Seite 26