Wolf Schneider wurde eine Zeitlang als Sprachpapst gehandelt. Diesem Ruf bemüht er sich gerecht zu werden mit seinem Handbuch für attraktive Texte, dem man durchaus etwas abgewinnen kann. Das Buch ist übersichtlich gegliedert und gibt Hinweise zu Satzaufbau, Wortwahl und anderen Dingen, die man beachten sollte, wenn man einen lesbaren Text produzieren möchte.
Die deutsche Sprache ermöglicht lange Bandwurmsätze, und bietet einen Vielzahl von zweigeteilten Verben an, die nicht immer zur Lesbarkeit eines Textes beitragen. Dazu meint Schneider (Kindle-Position 937):
Wer nett zu seinen Lesern sein will, weil sie ihm sonst davonlaufen: Der lässt nicht mehr als 6 Wörter/12 Silben zu zwischen der Person oder der Sache, von der er redet, und der nun überfälligen Auskunft: Was tut die eigentlich? Oder: Was ist ihr widerfahren? (Ist das nicht schrecklich plausibel?)
Daraus entwickelt er Genereralregeln für verständlichen Satzbau (Kindle-Position 1271):
1. Die Kernfrage, der Satzkern ist immer: Wer tut was? Wer oder was bewirkt was? Wem ist was widerfahren? Was ist hier passiert? (Subjekt – Prädikat) Diese Kernfrage muss grundsätzlich und ausnahmslos binnen 6 Wörtern/12 Silben beantwortet werden. Damit ist zugleich die Obergrenze des Abstands vorgegeben, der zwischen ein zweiteiliges Verbum gelegt werden darf (ich werde … kommen, ich schlage … vor).
2. Für vorangestellte Attribute, die Quetschwörter zwischen Artikel und Substantiv («Das niedliche, aber leider ziemlich schlecht erzogene Kind») ist das Gesetz der 6 Wörter/12 Silben noch zu milde: Auch 4 oder 5 von ihnen sind unerwünscht.
3. Für das Vorfeld des Satzes (vorangestellte Nebensätze oder gehäufte nähere Bestimmungen) sind die 6 Wörter/12 Silben kein Gesetz, aber eine solide Regel. Je länger das Vorfeld, umso länger lässt ja die Antwort auf die Kernfrage «Wer tut was?» auf sich warten.
4. Erlaubtes Vorfeld und Satzkern zusammengenommen, bedeutet dies: Spätestens nach 12 Wörtern hat der Leser erfahren, was der Schreiber ihm eigentlich sagen will. Ist dies pünktlich geschehen, so darf der Schreiber an diese 12 Wörter im selben Satz noch etliche Einzelheiten anhängen – wie viele, entscheidet sich nach dem Atem des Lesers.
5. Für Hauptsachen und Handlungen ist immer und allein der Hauptsatz da.
Es gibt noch mehr Bedenkenswertes und viele Beispiele, die den Gebrauchswert des Buches unterstreichen. Kann, sollte man mehrere Male lesen.