Noch etwa sechs Wochen bis zur landesweiten Wahl in Spanien am 28. April und die Lage könnte unübersichtlicher kaum sein. Den Umfragen nach wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben, die PSOE wird stärkste Partei, aber für eine Regierungsbildung wird es nicht reichen, weil die andern linken Kräfte eher an Stimmen verlieren werden. Die PP dagegen könnte es dagegen schaffen, wenn sie bereit ist, mit den Ciudadanos und der VOX eine Koalition einzugehen.
Der Zustand der Parteien
Dieser Kurs ist wohl in der PP nicht ganz unumstritten, aber Casado schneidet die Kandidatenlisten so zu, dass er kaum mit Widerstand rechnen muss. Ein Problem wird für ihn aber sein, im Wahlkampf als Führer der Opposition wahrgenommen zu werden. Diese Meinungsführerschaft wird ihm von Alberto Rivera von den Ciudadanos streitig gemacht.
Diese wiederum waren lange im Aufwind, verlieren aber gerade etwas an Boden. Die frühe Festlegung von Albert Rivera, nicht mit der PSOE koalieren zu wollen, erzeugt internen Widerspruch. Dazu kommen noch ein paar hausgemachte Skandale, wie zum Beispiel die Tatsache dass es offensichtlich Unkorrektheiten bei der Listenerstellung für die Kandidaten gegeben hat.
Insofern kann man gespannt sein, ob die Ciudadanos ihre Festlegung auf die PP auch nach der Wahl noch aufrecht erhalten werden. Wenn man die Presse und die veröffentlichte Meinung verfolgt, kommt man zum Schluss, dass die, die wirklich das Sagen haben, nach der Wahl am liebsten eine Regierung aus PSOE und Ciudadanos sehen würden.
Für eine solche Regierung fänden sich wohl auch Befürworter in der PSOE, in der der alte Kampf zwischen Susana Diaz und Pedro Sanchez wiederauflebt. Beide versuchen die Kandidatenlisten so zu beeinflussen, dass die Befürworter ihrer Linie nach der Wahl eine Mehrheit in Der PSOE Fraktion des Kongresses haben werden.
Auf der anderen Seite des Spektrums ist die Lage unklar bis verworren. Zwar haben sich Podemos, Izquierda Unida und Equo wieder zu einer gemeinsamen Kandidatur unter dem Namene Unidas Podemos zusammen geschlossen, aber ob sich das überall umsetzen lässt, ist fraglich. In Galiciien, Valencia, Madrid, Asturien und Katalonien werden regionale linke Kräfte wohl eigene Listen aufstellen, auch auf die Gefahr hin, dass diese Zersplitterung zu weniger Sitzen im Parlament führen wird. Die Linien in der Auseinandersetzung verlaufen hier entlang der Frage der Haltung zur PSOE und in Galicien und Katalonien auch entlang der Frage der Unabhängigkeit.
Das spanische Wahlsystem
Im spanischen Wahlsystem werden die Sitze des Parlaments nicht auf Länderebene, sondern auf Provinzebene vergeben und es gibt keine Ausgleichsmandate wie in Deutschland. Das führt regelmässig dazu, dass in Provinzen, in denen nur zwei oder drei Sitze vergeben werden, die Stimmen der dritt- oder viertstärksten Partei verlorengehen. Eigentlich sind es also 52 Wahlen in 52 Provinzen, die stattfinden. Das könnte letztendlich heissen, dass die Entscheidung ob es dem rechten oder linken Block zur Bildung einer Regierung reicht, in den 28 kleinsten Wahlkreisen fällt, die zusammen 103 der insgesamt 360 Sitze zu vergeben haben.
Katalonien und die Unabhängigkeitbewegung
Darüber spielt die Situation in Katalonien eine gewisse Rolle. Die PP und VOX können sich dort nicht viel ausrechnen. Die Ciudadanos sind in den letzten regionalen Wahlen als Sieger hervor gegangen. Ob sie das wiederholen können, ist fraglich. Das Spektrum um Podemos und IU in Katalonien ist in diverse Teile gespalten. Teile davon tendieren dazu, mit der ERC gemeinsam zu kandidieren. Bei der PDeCat hat sich der harte Flügel durchgesetzt, was bedeutet, dass im Erfolgsfalle von ihm keine Unterstützung einer PSOE Regierung zu erwarten ist. Unmöglich vorher zu sagen. wie sich die 47 zu vergebenden Sitze verteilen werden. Viel wird auch davon abhängen, wie sich der Prozess gegen die Unabhängigkeitsbefürworter entwickelt, die gegenwärtig in Madrid vor Gericht stehen.
Die bisherige Politik der Sánchez Regierung
Die geschäftsführende Regierung legt auf den letzten Metern noch einmal alles ins Zeug, um zu punkten, unter anderem mit Lohnerhöhungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und einer Rentenerhöhung. Das kann sich zu Gunsten der PSOE auswirken.
Die Frauenbewegung
Gerade haben zum zweiten Mal hintereinander am 8. März massive Demonstrationen der Frauenbewegung stattgefunden. Das könnte einen Schwung für die beiden Parteien geben, die sich klar feministisch positioniert haben, PSOE und Unidas Podemos.
Millionen von Unentschlossenen
Alle Umfragen besagen, dass ein hoher Prozentsatz der Wähler sich noch nicht festgelegt haben und bis zu letzten Minute schwanken werden, wen sie wählen, respektive, ob sie überhaupt zur Wahl gehen werden.
Noch hat der offizielle Wahlkampf gar nicht begonnen und man kann gespannt sein, welche Überraschung er noch bergen wird. Unruhige Tage bis zum 28. April.