Heute hat sich in Spanien der 15. Kongress Installiert und sein Präsidium (Mesa) gewählt. Aufgrund der knappen Sitzverhältnisse zwischen rechten und linken Block war bis wenige Minuten vor Sitzungsbeginn nicht klar, ob die bisherige Regierung ihre Kandidatinnen für das Präsidium durchbekommen würde. Letztlich gaben die sieben Stimmen der katalanischen Junts den Ausschlag, dass alles zu Gunsten des linken Blockes verlief und damit der erste Schritt zur Wiederwahl von Pedro Sánchez und einer progressiven Regierung getan ist.
Verhandlungen hinter den Kulissen
Dem Ergebnis gingen offensichtlich zähe Verhandlungen hinter den Kulissen voraus. Die Junts hatten zunächst zwei Maximalforderungen gestellt, die sich auf eine Amnestie aller Angeklagten im im Unabhängigkeitsprozess und auf eine garantierte Abstimmung über die Unabhängigkeit selbst bezogen. Am Ende einigt man sich wohl auf drei Dinge.
Zukünftig soll es im Kongress möglich sein, Reden und Dokumente nicht nur in Spanisch, sondern auch in den drei anderen offiziellen Sprachen des Landes, (katalanisch, baskisch und galizisch) zu verfassen. Diese Maßnahme wurde auch unmittelbar von der neuen Parlamentsvorsitzenden Francina Armengol als umgesetzt verkündet. Ebenso wird Spanien sich einsetzen, dass diese drei Sprachen auch in der europäischen Union zukünftig genutzt werden dürfen.
Es wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die Vorgänge um die Ausspionieren von katalanischen Politikerinnen und Politikern durch die Spähsoftware Pegasus untersucht.
Es wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die Vorgänge um die Attentate in Barcelona und in Cambrils im Jahr 2017 untersucht.
Den ersten Matchball abgewehrt
Pedro Sánchez hat damit den ersten Matchball abgewehrt. Der Pakt in letzter Sekunde mit Junts lässt die Präsidentschaft des Kongresses in den Händen der PSOE, aber vor allem erleichtert er einen möglichen Weg zur Amtseinführung, der bis vor wenigen Stunden aufgrund der Forderungen der Partei von Carles Puigdemont sehr schwierig schien. Der sozialistische Regierungschef hat nun mehrere Monate Zeit, um den Pakt zu konsolidieren, der es ihm ermöglicht, eine Regierung gemeinsam mit SUMAR zu bilden.
Ist die Gefahr der Neuwahlen damit vom Tisch?
Aber immer noch gibt es die Möglichkeit, dass die weiteren Verhandlungen scheitern werden und alles in einer Neuwahl endet. Welche dieser beiden Möglichkeiten Realität wird, hängt auch von internen Auseinandersetzungen innerhalb der Junts und der Rivalität zwischen Junts und der ERC ab.
innerhalb der Junts gibt es zwei Fraktionen. Die eine macht zwischen der PP und der PSOE keinen Unterschied. „Die PP ist eine Schlägertruppe, der es nichts ausmacht, wenn man unsere Wunden sieht, wenn sie auf uns einschlagen. Die PSOE schlägt genauso, aber mit nassen Handtüchern, damit die Verletzungen nicht sichtbar sind“. Die andere Fraktion schätzt ein, dass diese Verhandlungen eine goldene Möglichkeit sind, um Vorteile für Katalonien (und die katalanische Wirtschaft) heraus zu holen. Welche dieser Fraktionen sich durchsetzen wird, kann ich nicht einschätzen. Aber man kann festhalten, dass das katalanische Kapital, das im Prozess um die Unabhängigkeit eine deutliche Niederlage erlitten hat, sicher zur zweiten Fraktion zählt. Beiden Strömungen gemeinsam ist, dass sie versuchen werden in den kommenden Tagen und Monaten der Verhandlungen die Hegemonie in Katalonien wieder zu erlangen, die sie im Unabhängigkeitslager an die ERC verloren haben, und ihren Einfluss auf die katalanische Politik zu erhöhen.
Es mag einem gefallen oder nicht, aber die Geschicke des zentralistischen Spaniens werden wieder einmal nicht in Madrid, sondern in Katalonien entschieden.