Ein Bekannter hat mich gebeten, mal durchzulesen, was er über programmierbares Geld, speziell über Bitcoin geschrieben hat. Bitcoin ist als Kryptowährung bekannt und gegenwärtig als Spekulationsobjekt beliebt. Das unterschiedet Bitcoins aber nicht von beliebigen anderen Erfindungen der Finanzwelt, mit deren Hilfe man die absurdesten Wetten aufsetzen kann. Was Bitcoin diesen Wetten voraus hat, ist die dahinterstehende Technologie. Bitcoin ist ja nur eine spezielle Ausprägung einer Blockchain. Diese Technologie wiederum verspricht einen grundlegend neuen Ansatz, um Eigentum zu verwalten.
Also um Bitcoin zu durchdringen, erstmal ein Semester Jura, Grundlagen des BGB. Gemeinhin beruht der Eigentumsbegriff ja darauf, dass andere es glauben, dass mir etwas gehört. Dieser Glaube wird in der Regel gestärkt dadurch, dass ich etwas besitze und/oder nutze. Das ist schon bei physischen Dingen schwierig. Wenn ich etwas verleihe, gebe ich – zumindest vorübergehend- den Besitz auf. Dass ich trotzdem der Eigentümer bin, wird in der Regel dadurch manifestiert, dass die Person, die die Sache geliehen hat, meinen Eigentumsanspruch nicht in Frage stellt. Das ist einfach, wenn ich einem Freund etwas leihe, ihm gegenüber besteht ein Vertrauensverhältnis. Was aber, wenn ich mit Personen zu tun habe, denen ich nicht vertrauen will? Dann suche ich mir in der Regel andere Personen oder Institutionen, die bezeugen, dass ich der Eigentümer sei. In der Praxis hat sich in unserer Gesellschaftsform das Zeugnis durch eine allgemein anerkannte Institution durchgesetzt. Dass mir ein Grundstück gehört, wird im Grundbuch des Grundbuchamtes festgehalten, mein Guthaben auf der Bank steht auf dem Kontoauszug. Diese Institutionen halten die Bestände und die Eigentumsverhältnisse in zentralisierten Verzeichnissen (heute Datenbanken auf Zentralrechnern) fest. Was aber, wenn ein solches Verzeichnis vernichtet wird? Wenn die Institution, die das Verzeichnis führt, selbst betrügt.
Dieses Problem soll die Blockchain lösen. Einerseits dadurch, dass die Verwaltung des Verzeichnisses nicht mehr zentralisiert stattfindet, sondern verteilt, auf vielen Rechnern. Und andererseits dadurch, dass die einmal dort festgeschriebenen Tatsachen nicht mehr geändert werden können, weil sie durch verschiedene Algorithmen und kryprografische Verfahren abgesichert sind. Das Vertrauen in eine zentrale Stelle wird also ersetzt durch das Vertrauen in die Unfehlbarkeit von technischen Verfahren.
Wie das technisch vonstatten geht beschreibt Daniel Drescher in seinem Buch. Es lässt sich in wenigen Stunden durchlesen und erklärt die Grundlagen von Blockchain wirklich relativ simpel. Allerdings schadet es meiner Einschätzung nach nicht, wenn man sich mit den Grundlagen von Informationstechnologie etwas auskennt. Aber auch ohne das, ist das Buch ein Gewinn.
Er geht nicht auf Bitcoins ein, sondern schildert weitere Anwendungsmöglichkeiten, die sich im Grunde daraus ergeben, dass die Blockchain nichts anderes ist, als ein Verzeichnis, um die Abfolge von Transaktionen, deren Auslöser under deren Empfänger zu dokumentieren. Mit einer Blockchain Anwendung kann man eine Ausschreibung steuern (indem man automatisch die Abgabefreisten festhält, die Höhe der Gebote und daraus automatisch den Zuschlag ermittelt), ohne dass eine Möglichkeit der Manipulation besteht. Man kann eine Register von Eheschliesssungen und Scheidungen führen, ohne dass die Möglichkeit bestünde, zweimal hintereinander zu heiraten, bevor man erfolgreich geschieden ist und man kann finanzielle Transaktion festhalten, Käufe, Verkäufe, Überweisungen, womit wir wieder bei Bitcoin angelangt sind.