Was im September nach vier Monaten (Nicht)verhandlung scheiterte, gelang diesmal in 48 Stunden. Pedro Sánchez und Pablo Iglesias haben sich auf die erste Koalitionsregierung in Spanien geeinigt. Beide verpflichten sich, die Vorwürfe hinter sich zu lassen und „Seite an Seite“ in einer fortschrittlichen Regierung zusammenzuarbeiten, die menschenwürdige Arbeit garantiert, öffentliche Dienstleistungen verteidigt, Renten schützt, den Klimawandel bekämpft, auf Feminismus setzt und damit viele Themen abdeckt, die ein linkes Programm ausmachen. Sánchez muss sich im Kongress mit dieser Koalition noch zur Wahl stellen, aber man kann davon ausgehen, dass er diesmal gewählt werden wird.
Chance für die Linke
Für die Linke ist es eine enorme Chance. Und das nicht nur, weil es die erste Koalition auf nationaler Ebene in Spanien ist, oder weil sie eine lange Periode der politischen Blockade beendet. Sie macht auch Schluss mit einen Zeitraum von vier Jahren Instabilität und setzt soziale und ökologische Themen auf die Tagesordnung der Regierung. Zwar hat diese nur 155 Sitze statt der notwendigen 175 zur Mehrheit, aber sie sollte mit Hilfe der kleineren Parteien (insgesamt gibt es 16 Parteien im neuen Parlament) in der Lage sein, Mehrheiten zu erlangen. Sie hat darüber hinaus die Unterstützung der absoluten Mehrheit der fortschrittlichen Wähler: zehn Millionen direkte Stimmen. Eine populäre Unterstützung, die keine andere Regierung seit fast fünf Jahren hatte, trotz wiederholter Wahlen.
Vorbild für den Rest Europas
Wenn diese Koalition die Legislaturperiode übersteht und ihre Vorhaben umsetzen kann, dann kann die Zusammenarbeit zwischen der Sozialdemokratie und dem Rest der Linken, die in Spanien bis hin zur Kommunistischen Partei reicht (und deren Generalsekretär Enrique Santiago für Unidas Podemos im Parlament sitzt), der fortschrittlichen Bewegung in Europa wieder neues Leben einhauchen. Wenn es schief geht, wird es eine historische Katastrophe für alle Linken und ihre Wähler sein. In den nächsten vier Jahren steht für die die Linke viel auf dem Spiel. Sie wird angeführt von einer Bewegung, die vor fünf Jahren auf den Plätzen der 15M entstand und nun in die Regierung einziehen wird und getragen von einer Izquierda Unida, die sich in dieser Zeit ebenfalls runderneuert hat. Die Koalition aus PSOE und Izquierda Unida die heute ihre ersten Schritte unternimmt, hat eine Legislative vor sich, die Spanien verändern kann.
Die Herausforderungen
Die Regierung bildet sich unter den Vorzeichen einer beginnenden wirtschaftlichen Rezession und sie wird zeigen müssen, dass das Rezept gegen sie nicht Kürzungen, sondern staatliche Investitionen sind. Das kann ein Bruchstelle zwischen den beiden Seiten sein, da der Druck, die neoliberale Politik der Kürzungen beizubehalten enorm sein wird. Ob die PSOE diesem Druck standhalten kann, ist ein offene Frage.
Auch muss ein Weg aus dem katalanischen Konflikt gefunden werden, und er muss im Dialog gefunden werden. Auch hier waren in Vergangenheit die Aussagen der PSOE nicht immer ganz klar. Aber wenn dieser Konflikt nicht gelöst wird, wird die Rechte in Spanien unaufhaltsam wachsen.
Die zukünftige Koalitionsregierung ist noch nicht im Amt aber die Gegner formieren sich bereits. Dazu gehören natürlich die Rechten, die offensichtlich von der Entwicklung kalt erwischt wurden und nun schäumen, aber auch die grossen Medienkonzerne und die Unternehmen und ihre Verbände. Und aus Brüssel wird auch Gegenwind kommen, wenn die Bedingungen der Austeritätspolitik nicht erfüllt werden. Diesem Druck und diesen Gegner standzuhalten, wird nicht einfach sein.