Aquí no hemos venido a estudiar

Aquí no hemos venido a estudiar

Der Sohn des Bäckers eines Dorfes in Andalusien emigriert nach Katalonien, wird Kommunist, kämpft gegen die Faschisten und wird 1956 vom Franco-Regime zum Tode verurteilt. Sein Urteil wird dank der Fürsprache von Eva Perón, die in diesem Jahr Spanien besucht, von Franco umgewandelt. Er verbringt mehr als 17 Jahre im Gefängnis von Burgos, das wegen des hohen Niveaus der dort von den Häftlingen selbst abgehaltenen Kurse auch „die Universität“ genannt wird. Die Rede ist von Manuel Moreno Mauricio (1908-1983). Der Journalist Enric Juliana, stellvertretender Direktor der spanischen Zeitung „La Vanguardia“, hat ihn als Erzählfaden benutzt, um in Aquí no hemos venido a estudiar ein interessantes Puzzlestück des Widerstands gegen Franco und der Entwicklung Spaniens darzustellen.

Aquí no hemos venido a estudiar erzählt von zwei gegensätzlichen Positionen im spanischen Widerstand Ende der 50iger Jahre, der des Basken Ramon Ormazabal, der seinen Genossen im Gefängnis von Burgos predigt: „Hier sind wir nicht zum Studieren hergekommen„, und der von Manuel Moreno Mauricio, der das Gegenteil denkt: Um die Diktatur zu besiegen, ist eine solide intellektuelle Ausbildung notwendig.

Hinter den beiden Ansichten stehen unterschiedliche Einschätzung der Situation in Spanien und der Stärke der franquistischen Diktatur. Diese hat gerade mit dem Plan de Estabilización von 1959 eine Kehrtwendung ihrer ökonomischen Politik vollzogen und öffnet sich dem Ausland. Die Folgen werden ein Tourismusboom und die Arbeitsemigration von Tausenden von Spanier*innen sein. Mit dem Plan de Estabilicación reagiert die Diktatur auch auf die zunehmende Unzufriedenheit der Bevölkerung und einer daraus resultierenden Streikwelle.

Dies scheint die Einschätzung von Ramón Ormazabal zu bestätigen, dass das Regime vor dem Ende steht, aber die Geschichte gibt dann doch Manuel Moreno recht. Entlang dieser beiden Protagonisten und ihrer Auseinandersetzung zieht sich der Erzählfaden von Enric Juliana bis hin in die Zeit der Transición. Er schildert die Auseinandersetzung innerhalb des Zentralkomitees des PCE, die mit dem Ausschluss von Fernando Claudín und Jorge Semprún enden, die Entstehung der Comisiones Obreras und ihrer Bedeutung im antifranquistischen Kampf, die Rolle der kommunistischen Partei für den Übergang zur Demokratie und der Gründe für ihren anschließenden Abstieg. Ausführlich widmet er sich der Rolle von Santiago Carillo dabei und ein langes Kapitel handelt von der PSUC und ihrer Rolle in der kommunistischen Bewegung Spaniens.

Aber auch die Verschiebung der Machtverhältnisse im franquistischen Spanien wird deutlich. Die Technokraten von Opus Dei übernehmen den Staatsapparat, begünstigt durch die internationale Situation, die Spanien eine Rolle als Brückenkopf der USA im kalten Krieg zuweist, und setzen sich dort bis in die Gegenwart fest

Nach dem Tod Francos 1975 mündet dies in der Transición, dem Übergang Spaniens zur Demokratie. Aber diese Demokratie ist mehr eine Tochter des Franquismus und des Opus Dei, als die der Frauen und Männer, die 40 Jahre gegen Franco gekämpft haben, wie Jaume Claret in La conversación sobre la historia schreibt und Enric Juliana in seinem Interview in Context und Cuartopoder bekräftigt.

Das Buch von Enric Juliana ist eine spannende Chronik dieser Zeit und der Auseinandersetzungen innerhalb der kommunistischen Bewegung Spaniens, geschrieben aus der subjektiven Sicht des Autors, bevor er den Bogen bis in die Gegenwart schlägt, in der zwei Minister*innen des PC in der Regierung sitzen sowie dessen Vorsitzender im Parlament und sich vielleicht die Chance einer Verschiebung der Machtverhältnisse eröffnet.