Nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten hat Pedro Sánchez nun am heutigen Montag sein Kabinett vorgestellt. Es wurde auf 22 Ministerien verkleinert, 12 werden von Frauen geführt. Bezüglich der 17 PSOE-Ministerien gab es keine großen Überraschungen, Sánchez setzt weiter auf vertraute Gesichter.
Der Koalitionspartner Sumar besetzt 5 Ministerien, keines davon mit Mitgliedern von Podemos. Das ist ein Signal, die spanische Linke sortiert sich neu.
Die Ministerinnen von Sumar
Bis auf Yolanda Díaz, die weiterhin Arbeitsministerin und eine der zukünftigen 4 Vizepräsidentinnen bleibt, wurden alle alle anderen Ministerien neu besetzt.
Mónica García, die neue Gesundheitsministerin, ist von Beruf Anästhesistin und eine der profiliertesten Köpfe der Bewegung Marea Blanca, die gegen die Privatisierung des spanischen Gesundheitswesens kämpft. Zwischen 2015 und heute war sie Abgeordnete im Madrid Regionalparlament, zunächst für Podemos und nach dessen Spaltung für die Partei Más Madrid.
Sira Rego von Izquierda Unida wird neue Ministerin für Kinder und Jugend. Bisher war sie Abgeordnete im Europaparlament. Sie tritt an die Stelle von Alberto Garzón bisher Minister für Konsum, der für das neue Parlament nicht mehr kandidierte und nun auch den Vorsitz von Izquierda Unida aufgibt. Seine Gründe dafür und auch eine Einschätzung des Zustandes der Linken kann man in diesem Interview der EL PAÍS nachlesen.
Ernest Urtasun wird neuer Kulturminister. Seine politische Heimat sind die katalanischen Comunes. Er war bisher ebenfalls Mitglied des Europaparlaments für Unidas Podemos.
Pablo Bustinduy wird Minister für Soziale Rechte und Agenda 2030 und damit Nachfolger von Ione Belarra, der Vorsitzenden von Podemos. Er war bis zur Spaltung von Podemos Mitglied dieser Partei und ist seitdem parteilos.
Mit dieser Verteilung sind, mit Ausnahme von Podemos, die großen Parteien innerhalb von Sumar auch in der Regierung vertreten. Podemos beharrte bis zuletzt darauf, dass Irene Montero, die bisherige Gleichstellungsministerin wieder dieses Ministerium übernehmen sollte. Ein letzter Vermittlungsversuch, der daraus bestand, den bisherigen Staatssekretär von Ione Belarra, Nacho Alvarez, Mitglied der Führung von Podemos zu ihrem Nachfolger zu machen und damit auch ein Ministeramt an Podemos zu vergeben, scheiterte an der Weigerung von Podemos.
Diese Weigerung setzt einen Schlusspunkt und wird wohl auch eine Neuformierung der spanischen Linken zur Folge haben. Man kann erwarten, dass Podemos sich von Sumar lösen wird und entweder allein, oder im Verbund mit der katalanischen ERC und/oder der baskischen Bildu agieren wird.
Sumar ist bisher ein Wahlbündnis, bestehend aus etwa 15 linken Parteien ( darunter Podemos, Izquierda Unida, die Comunes und Más Madrid als größte) und Einzelpersonen. Es ist zu erwarten, dass Sumar sich in absehbarer Zeit als Partei konstituieren wird. Wie dann die Beziehungen zu den anderen Parteien, die bisher das Wahlbündnis bildeten sein wird, steht noch in den Sternen, lediglich Mas País , die Partei von Íñigo Errejón, einem der Gründer von Podemos, die sich 2019 abspaltete, hat bisher angekündigt, sich in eine neue Partei Sumar zu integrieren.
Die Entwicklung der spanischen Linken
Die Entwicklung der spanischen Linken zwischen 2011 und 2021 und die diversen Vereinigungen und Spaltungen habe ich bereits in diesem Artikel beschrieben. Inzwischen hat sich jedoch einiges geändert. Die Rechte ist erstarkt und hat sich radikalisiert. Die Linke hat seitdem Wahl für Wahl an Stimmen verloren. Dies kulminierte in den Regional- und Kommunalwahlen 2023, die zu den Wahlen vom 23. Juli führten. In der Vorbereitung auf diese Wahlen kam es zu einem Machtkampf zwischen Yolanda Díaz und der Führung von Podemos, der nur mühsam übertüncht wurde. Jetzt, nach der Wahl, ist er offen ausgebrochen. Podemos zweifelt den Führungsanspruch von Sumar und Yolanda Díaz offen an und beschuldigt sie, gemeinsam mit der PSOE am Untergang von Podemos zu arbeiten. Yolanda Díaz äußert sich nicht öffentlich, aber schafft Fakten. Tatsächlich besetzt Podemos in der Fraktion keine der wichtigen Positionen mehr. Die Reaktion von Podemos wiederum besteht darin, dass sie öffentlich erklären, dass sie sich nicht mehr an die Fraktionsdisziplin gebunden fühlen und von Fall zu Fall entscheiden wollen, welche Haltung sie zu Initiativen der Regierung einnehmen.
Der Grund für diese Entwicklung liegt nicht in einer Differenz inhaltlicher Positionen, auch wenn dies von Podemos immer wieder hervorgehoben wird. Er liegt in einer unterschiedlichen Einschätzung der politischen Grosswetterlage und der daraus resultierenden Strategie. Sumar geht davon aus, – und das ist quasi der Kern des Projekts, das Yolanda Díaz ins Leben gerufen hat- dass es in der jetzigen Etappe notwendig ist, all die politischen Kräfte einzusammeln, die in der Vergangenheit einen anderen Weg eingeschlagen oder sich aus dem politischen Leben zurückgezogen haben. Auf diese Weise soll die Basis der Linken verbreitert werden und der Vertrauensschwund bei Teilen der Wähler*innen gestoppt werden. Diese Strategie zeigt auch Erfolge, Sumar schafft es, Menschen zurückzugewinnen, die Podemos in der Vergangenheit verloren hat.
Podemos teilt dies Strategie offensichtlich nicht. Das hat meiner Einschätzung nach verschiedene Ursachen. Zum einen, waren die Trennungen aus ihrer Sicht ja nicht grundlos, und ein Wiederzusammengehen mit diesen Kräften würde alte Diskrepanzen wieder aufleben lassen. Und zum anderen gibt es, das weiß jede und jeder, der oder die in politischen Zusammenhängen aktiv war, persönliche Verletzungen in diesen Prozessen, und diese Wunden heilen langsam.
Podemos bunkert sich gerade ein und setzt darauf, durch dedizierte Abgrenzung wieder mehr Zustimmung bei seinem Klientel und mehr Stimmen bei den Wahlen zu bekommen.
Es bleibt abzuwarten, ob der Kurs der Konfrontation zur Regierung, den Podemos jetzt verfolgt, Erfolg haben wird. In 2024 stehen drei Wahlen an. Es wird in Galizien und im Baskenland gewählt und man kann eigentlich jetzt schon davon ausgehen, dass Sumar und Podemos nicht gemeinsam antreten werden. Das gleiche gilt wahrscheinlich auch für die Europawahlen. Bei diesen Wahlen wird sich zum ersten mal zeigen, welche Strategie erfolgreicher ist.