Neulich frug mich eine Freundin: Warum gibt es in Spanien eigentlich nicht so einen Zulauf zu den Rechten? Interessante Frage, die aber eine Vorannahme enthält, über deren Richtigkeit man zunächst einmal nachdenken muss. Heute vor 41 Jahren starb Francisco Franco, nach mehr als dreissig Jahren Diktatur. Zu seinem Todestag werden in Spanien zahlreiche Messen gelesen, in denen die Besucher der Diktatur huldigen und Cara al Sol, die faschistische Hymne absingen. Im Valle de los Caidos versammelt sich alljährlich die Rechte, um dem Diktator und dem Gründer der spanischen Falange José Antonio Primo de Rivera zu gedenken. Die regierende Partido Popular ist ein direkter Abkömmling der faschistischen Bewegung, gegründet von Manuel Fraga, einem ehemaligen Minister Francos. Bis heute gibt es Kräfte in dieser Partei, die sich von der Diktatur nicht distanzieren. Diese Partei hat zwar einen deutlichen Rückgang in den letzten Wahlen hinnehmen müssen, aber mit stabilen dreissig Prozent der Wähler hält sie sich immer noch an der Macht. Man kann konstatieren, dass die PP den rechten Rand weit stärker besetzt, als dies zum Beispiel die CDU/CSU in Deutschland tut. So bleibt wenig Platz für eine neue Rechte, obwohl es durchaus Versuche gibt.
Auf der anderen Seite gibt es eine Unzahl von sozialen Bewegungen, gegen Zwangsräumungen, gegen Kürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen, gegen die Praxis, den Leuten einfach den Strom abzuschalten, wenn sie die Rechnungen nicht bezahlen können, und, und, und… All diese Bewegungen nehmen den täglichen Unmut der Bürger auf und verwandeln ihn in in Protest. Dabei leisten sie neben konkreter Lebenshilfe auch eine enorme Aufklärungsarbeit, die die Menschen gegen rechte Propaganda immunisieren.
Das betrifft auch die Fremdenfeindlichkeit. Der Staat selbst fährt eine restriktive Politik, angefangen von den Zäunen in Ceuta und Melilla über Abschiebungslager bis hin zu der Tatsache, dass von etwa 15.000 zugesagten Flüchtlingsaufnahmen bis heute achtzehn (nein, ich habe mich nicht verschrieben) Flüchtlinge aufgenommen wurden. Gegen diese Politik gibt es mehr Widerstand, sowohl von der Bevölkerung, als auch von Regionalregierungen, als Befürworter. Viele Spanierinnen und Spanier haben selbst Emigrationserfahrung und wissen, was es heisst, in einem fremden Land anzukommen und auf Hilfe angewiesen zu sein. Davon könnten wir Deutsche lernen.