Die spanische Linke vor den Wahlen

Gerade gedacht oder erfahren

Nach der gescheiterten Regierungsbildung wird es am 10. November zu Neuwahlen kommen. Neben der PSOE gibt es eine Vielzahl von Parteien und Bewegungen in der Spanischen Linken, die sich zur Wahl stellen. Das liegt zum einen an der traditionellen Unfähigkeit der Linken, ihre Kraft zu vereinigen, zum anderen spiegelt es aber auch die spanische Realität wieder. Im Übergang zur Demokratie 1978 wurde es versäumt, eine Balance zwischen Zentralstaat und den Regionen zu schaffen und wenig Rücksicht auf die spezifischen Bedingungen und Befindlichkeiten der jeweiligen Region genommen. Daraus entstand ein Regionalismus, der sich wenig mit Madrid identifiziert, stark die regionalen Eigenständigkeiten in Kultur und Sprache betont, und sich eben auch in der Ausformung des politischen Systems äußert.

Unidas Podemos

Unidas Podemos (UP) ist ein Zusammenschluss von Podemos, Izquierda Unida und Equo. Die UP tritt seit 2016 mit einer gemeinsamen Liste an, die paritätisch aus Kandidatinnen und Kandidaten der drei Parteien zusammen gesetzt ist. Im Parlament bilden sie eine Fraktion gemeinsam mit den Comuns aus Catalunya.

Podemos

Podemos entstand aus den Protesten der Bewegung 15M. Erstmals trat Podemos 2015 zur Europawahl an und errang überraschend vier Sitze in Brüssel. Danach erlebte die Partei einen solchen Höhenflug, dass sie in Umfragen beinahe die PSOE überflügelte. In seiner politischen Ausrichtung verstand sich Podemos als transversal, ein Begriff, den man in Spanien verwendet, um auszudrücken, dass man traditionelle politische Kategorien wie etwa Rechts und Links überwindet.

In den Gründungsjahren war die Partei stark beeinflusst von den lateinamerikanischen Erfahrungen und insbesondere von den Theorien von Laclau und Mouffe, die den Ansatz einer populistischen Partei verfolgten. In den Folgejahren rückte die Partei jedoch immer weiter nach links. Dies führte zu einer Annäherung an die Izquierda Unida und schließlich zu einem Wahlbündnis mit dieser. Heute spricht die Führung von einem strategischen Bündnis, das über bloße Wahlbündnisse hinaus ginge.

Diese Entwicklung war in Podemos nicht unumstritten und führte faktisch zur Spaltung der Partei, die in dem Eintritt von Más País in die nationale Politik ihren Höhepunkt fand.

Die Mitgliederzahl zu schätzen ist schwierig, im Internet sind etwa 250.000 Menschen registriert. Diese können über Umfragen, die Politik von Podemos mitbestimmen. Je nach Wichtigkeit der Entscheidung nehmen bis zu Hälfte diese Möglichkeit wahr.

Izquierda Unida

Die Izquierda Unida (IU) ist selbst wiederum ein Bündnis verschiedener Parteien und Bewegungen.

Sie wurde im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um das Verhältnis Spaniens zur NATO gegründet, als es der Plataforma Cívica por la Salida de España de la NATO (Bürgerplattform für den Austritt Spaniens aus der NATO unter dem Vorsitz des Schriftstellers Antonio Gala) gelang, fast alle linken Organisationen des Landes zusammenzubringen. Viele dieser Organisationen traten später der Koalition Plataforma de la Izquierda Unida bei. Am 12. März 1986 fand ein Referendum statt, dessen Ergebnis für den Verbleib in der NATO war, aber es gab fast sieben Millionen Gegenstimmen.
Die erste Sitzung der beginnenden Koalition fand am 27. April 1986 statt, unter Beteiligung der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE), der Einheitlichen Sozialistischen Partei Kataloniens (PSUC), der Sozialistischen Aktionspartei (PASOC), der Republikanischen Linken (IR), der Progressiven Föderation (FP), der Humanistischen Partei und der Karlistischen Partei. Zu diesen Parteien gesellten sich später die Kommunistische Partei der Völker Spaniens (PCPE) und das Einheitskollektiv der Arbeiter-Andalus-Block der Linken (CUT-BAI) sowie eine Reihe unabhängiger Politiker.

Seit ihrer Gründung ist die IU ein stabiler Faktor in der spanischen Politik. Unter ihrem gegenwärtigen Vorsitzenden Alberto Garzón treibt sie die Entwicklung eines Historischen Blocks aller linken Kräfte voran. Dies hat Enrique Santiago, Abgeordneter im Kongress und Vorsitzender der Kommunistischen Partei Spaniens in einem Interview bekräftigt.

Die IU ist mit geschätzt etwa 55.000 Mitglieder zwar deutlich kleiner als Podemus, ist aber vor Ort wesentlich stärker verankert.

Equo

Equo wurde 2011 mit dem Ziel gegründet, der ökologischen Frage in der spanischen Politik mehr Gewicht zu verleihen. Sie konnte ihren Anspruch jedoch nicht einlösen, und spielt in der spanischen Politik eine relativ geringe Rolle. Seit 2015 tritt sie bei den Wahlen als Teil von Unidas Podemos an. Dies bescherte ihr bei den letzten Wahlen einen Parlamentssitz innerhalb der Fraktion von Unidas Podemos.

Als Íñigo Errejón seine Kandidatur für die nächsten Wahlen ankündigte, beschloss die Basis von Equo, ein Bündnis mit dessen Partei Más País einzugehen. Diese Entscheidung kippte den bereits getroffenen Entschluss, das Wahlbündnis innerhalb von Unidas Podemos fortzusetzen und führte zum Austritt praktisch der gesamten Führung von Equo. Der bisherige Vorsitzende Juantxo López de Uralde kündigte an, das grüne Projekt innerhalb von Podemos fortsetzen zu wollen. Das läuft im Prinzip auf eine Spaltung der Partei hinaus, ob sie eine Perspektive für die nächsten Jahre haben wird, ist fraglich.
vor den jetzigen Ereignissen hat Equo etwa 4000 Mitglieder.

Regionalparteien und Confluencias

in einer Reihe von Communidades gibt es aus historischen Gründen Regionalparteien, oder politische Bewegungen, die sich aus sozialen Protesten entwickelt haben und sich zur Wahl stellen.

Catalunya

In Katalonien gibt es sowohl regionale Ableger der nationalen Parteien, als auch eigenständige linke Parteien die auf nationaler Ebene nicht vertreten sind.

Catalunya en Comú

Catalunya en Comú (CatComu) ist ein Zusammenschluss politischer Parteien der katalanischen Linken. Er wurde von Barcelona en Comú, Equo, EUiA (der katalanischen IU), ICV (aus der PSUC hervorgegangen) und Podem (zu der Zeit katalanischer Ableger von Podemos) gegründet, obwohl sich Podem später von der neuen Partei distanzierte und in der Folge auch die Verbindungen zu Podemos kappte.

En Comú Podem

In der Folge bildete Podemos in Katalonien ein Wahlbündnis mit Catalunya en Comú unter dem Namen En Comú Podem. Dieses wird auch zur Wahl am 10. November antreten Und anschließend im Kongress mit Unidas Podemos eine gemeinsame Fraktion bilden.

Esquerra Republicana de Catalunya

Die Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) wurde 1931 in Barcelona gegründet und existiert nur im katalanischen Sprachraum. Sie ist eine der Parteien, die für die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien eintreten. Diese Haltung unterscheidet sie von Unidas Podemos , mit der sie aber in sozialen Fragen und allgemeinen politischen Ansichten eine große Schnittmenge hat.

Candidatura d’Unitat Popular

Die Candidatura d’Unitat Popular (CUP)ist ein Bündnis links-alternativer und antikapitalistischer Gruppierungen, die vor allem das Ziel der Unabhängigkeit Kataloniens eint. Die CUP wurde Dezember 1986 gegründet und hat ihre politische Arbeit seitdem vorwiegend auf kommunaler Ebene verrichtet. Für die Wahl am 10. November hat sie sich zum ersten Mal für eine Kandidatur auf nationaler Ebene entschieden.

Valencia

Die Comunidad Valencia war lange Jahre eine der Hochburgen der konservativen PP. Gegenwärtig wird sie von einem Linksbündnis unter der Führung der PSOE regiert. Die nationalen Parteien haben regionale Ableger unter eigenem Namen.

Compromís

Hauptpartner der PSOE ist Compromís, eine Regionalpartei, die sich wiederum aus verschiedenen Regionalparteien zusammensetzt. Bist du den letzten Wahlen kandidierte Compromís immer gemeinsam mit Podemos oder Unidas Podemos, bildete aber im Kongress eine eigene Fraktion.

Zu den anstehenden Wahlen werden sie gemeinsam mit Más País kandidieren. Ein erster Erfolg für Íñigo Errejón.

Galicia

In Galizien ist, zumindest für mich, die Lage völlig unübersichtlich. Zu oft haben in den vergangenen Jahren die Koalitionen und Zusammenschlüsse gewechselt.

En Marea

En Marea war ursprünglich ein Wahlbündnis zwischen Podemos, Izquierda Unida, der Anova und lokalen Gruppierungen.

Anfang 2019 zogen sich Podemos, IU und Anova wegen gravierender Unstimmigkeiten mit Luís Villares aus En Marea zurück. Der Rest von En Marea wird wohl mit Más País zusammen kandidieren.

EH Bildu

País Vasco und Navarra

Das Baskenland und Navarra sind stark von den Auseinandersetzungen um die Unabhängigkeit dominiert. Das wird sich natürlich auch auf mögliche Bündnisse aus. Die nationalen Parteien haben regionale Ableger unter eigenem Namen.

EH Bildu

EH Bildu ist ein Zusammenschluss verschiedener linker Parteien und Bündnisse mit Ausrichtung auf die Unabhängigkeit des Baskenlandes. Er tritt im Baskenland und in Navarra. Im Kongress vertritt er linke Positionen, gehört aber der gemischten Fraktion an.

Partido Nacionalista Vasco

Der Partido Nacionalista Vasco (PNV) Ist normalerweise nicht dem linken Block zuzurechnen, stimmte aber im Misstrauensvotum gegen die PP für einen Regierungswechsel.

Aragón

Aragón ist für mich auch ein unübersichtliches Pflaster.

Chunta Aragonesista

Die Chunta Aragonesista ist eine Regionalpartei, eher sozialdemokratischen Zuschnitts. In den letzten Wahlen ist sie gemeinsam mit Podemos angetreten. Diesmal hat sie beschlossen, sich Más País anzuschliessen.

Más País

Más País ist der neue Player auf dem Spielfeld und es wird mit Spannung erwartet, wie er das Wahlergebnis beeinflussen wird. Das Projekt gruppiert sich um Íñigo Errejón, einen der Gründer von Podemos. Errejón war ursprünglich bei den Regionalwahlen 2019 in Madrid der Spitzenkandidat von Podemos, verließ aber während des Wahlkampfs die Partei und errang mit seiner eigenen Liste Más Madrid 20 Sitze im Regionalparlament.

Faktisch lief das auf eine Spaltung von Podemos hinaus und es war nur eine Frage der Zeit, bis er Más Madrid als Sprungbrett in die nationale Politik nutzen würde.

Am 25. September 2019 kündigte Errejón an, dass er bei den Parlamentswahlen vom 10. November 2019 unter der Marke Más País als Kandidat antreten wird und dass er Allianzen mit Parteien wie Compromís, Chunta Aragonesista, En Marea oder Equo anstrebt.

Más País besitz gegenwärtig keine Parteibasis in Form einer nennenswerten Anzahl von Mitgliedern, noch irgendeine Art von Programm. Sie lebt allein von der Strahlkraft der Person Íñigo Errejón.

Más País möchte nur in Wahlbezirken antreten, in denen sie Stimmen und Sitze für den fortschrittlichen Block hinzufügen kann. Man kann nur hoffen, dass dies gelingt. Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, aber das spanische Wandsystem lässt viel Platz für Unsicherheiten.