Wenige Tage vor Ablauf der mit Brüssel vereinbarten Frist für die Verabschiedung der Arbeitsmarktreform in Spanien haben Gewerkschaften, Arbeitgeber und Regierung einer Arbeitsmarktreform zugestimmt, die weite Teile der Gesetzgebung von 2012 zugunsten der Arbeitenden verändert. Die Regierung beabsichtigt, dem Gesamtpaket auf der Ministerratstagung am 28. Dezember grünes Licht zu geben. Damit hätte die Koalitionsregierung von Pedro Sánchez eines der zentralen Wahlversprechen erfüllt.
Drei wichtige Änderungen
Die Reform stützt sich auf drei grundlegende Säulen: die Begrenzung befristeter Verträge, eine Neugewichtung der Tarifverträge und neue Kurzarbeiterregelungen. In allen drei Punkten machte die Arbeitgeberseite Konzessionen. Nicht durchgesetzt werden konnte dagegen eine Neuregelung für das Verhältnis zwischen Betrieben und ihren Subunternehmen. Hier musste die Gewerkschaftseite Abstriche machen.
Begrenzung von befristeten Verträgen
Befristete Verträge, der Umgang mit Ihnen, sowie das Ausmaß waren bisher eines der größten Probleme des spanischen Arbeitsmarkt. Die Zahl dieser Kontrakte lag etwa 11 % über dem europäischen Durchschnitt und war in bestimmten Branchen, wie etwa dem Tourismus, eher die Regel als die Ausnahme. Dies soll nun durch die neuen Vereinbarungen geändert werden.
Die Vereinbarung legt den unbefristeten Arbeitsvertrag als allgemeine Regel fest, so dass es nur noch zwei Arten von Zeitverträgen geben wird: Strukturverträge und Ausbildungsverträge. Der Arbeitgeber kann den ersten Typ – den strukturellen Typ – aufgrund von Produktionsumständen und zur Ersetzung eines anderen Arbeitnehmers mit Arbeitsplatzreservierung verwenden, sofern klar angegeben wird, wen die eingestellte Person ersetzt.
Produktionsbedingte Zeitverträge dürfen nur für gelegentliche, unvorhersehbare Produktionssteigerungen oder Nachfrageschwankungen für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten abgeschlossen werden. Dieser kann auf ein Jahr verlängert werden, wenn es im Branchentarifvertrag vorgesehen ist.
Vorrang der Branchentarifverträge
Bisher galt die Regelung, dass Tarifverträge, die auslaufen und über deren Änderung keine Einigung erzielt wird, automatisch weiterlaufen. Dies führte dazu, dass die Arbeitgeberseite Verhandlungen einfach blockierte, um eine Änderung der Tarifverträge zu ihren Ungunsten zu verhindern. Dies wird durch das neue Gesetz unmöglich gemacht .
Darüber hinaus führt der Text eine der wichtigsten von den Gewerkschaften geforderten Änderungen ein: den Vorrang des Branchentarifvertrags vor der Betriebsvereinbarung in Lohnfragen. Dies war eine gewerkschaftliche Forderung, um zu verhindern, dass die in der Branche vereinbarten Bedingungen auf Unternehmensebene gesenkt werden. So können in der Betriebsvereinbarung Aspekte wie die Wahl zwischen der Bezahlung oder dem Ausgleich von Überstunden, die Arbeitszeiten und die Verteilung der Arbeitszeit, die Anpassung der beruflichen Einstufung und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf geregelt werden. Was jedoch die Löhne betrifft, so hat der Branchentarifvertrag Vorrang.
Regelung der Kurzarbeit (ERTE)
Die Anwendung der Kurzarbeit war eine der zentralen Maßnahmen, um die spanische Wirtschaft während der Corona-Pandemie zu stabilisieren. Die Reform wird zukünftig die Möglichkeit verbessern, Kurzarbeit zu nutzen, gleichzeitig aber auch deren Missbrauch einschränken.
In Zeiten von ERTE, sei es aufgrund höherer Gewalt oder aus wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen oder produktionstechnischen Gründen, dürfen keine Überstunden geleistet, neue Aufträge vergeben oder Einstellungen vorgenommen werden. Ebenso wird die Befreiung von den Sozialversicherungsbeiträgen an die Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen geknüpft. Um Anreize für Neueinstellungen zu schaffen, erhält ein Unternehmen desselben Sektors, das einen Arbeitnehmer im Rahmen von ERTE einstellt, sechs Monate lang 50 % Ermäßigung auf die Sozialversicherungsbeiträge.
Am Ende Einigkeit und Zufriedenheit auf allen Seiten
Die Verhandlungen zur Arbeitsmarktreform waren lange Zeit geprägt von scheinbar nicht zu vereinbarenden Positionen und Verhandlungen mit harten Bandagen. Nicht nur zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, gab es starke Diskrepanzen, sondern auch innerhalb der Regierung war man sich uneinig. Wiederholt äußerte sich die Wirtschaftsministerin Nadia Calviño kritisch zu den Forderungen, die von Arbeitsministerin Yolanda Díaz vertreten wurden.
Yolanda Diaz, die die Verhandlungen für die Regierung führte, wird im Großteil der spanischen Presse für das Ergebnis und Ihre Verhandlungsführung hoch gelobt. Díaz, Mitglied des PCE und als Spitzenkandidatin für Unidas Podemos für die nächste Wahl gehandelt, ist momentan die beliebteste Politikerin Spaniens.